Seit 27 Jahren treffen sich die Meschner jährlich in Ilsfeld bei Heilbronn, seit 28 Jahren auch im Zweijahresrythmus in Würzburg bzw. in Bad Rappenau. Jedoch gab es in der Zeit nach 1990, dem Umbruch in Osteuropa, nur zwei organisierte Begegnungen in Meschen selbst. Der Grund hierfür mag einerseits, in der, bis vor kurzem, beschwerlichen, langen Anreise liegen. Andererseits haben die, mit einer solchen Auswanderung verbundenen, Verletzungen der Seele, viele Altmeschner von einem Besuch der alten Heimat abgehalten.In den zwanzig Jahren seit der letzten großen Aussiedlungswelle, ist in Deutschland eine Generation aufgewachsen, welche Siebenbürgen bereits als Kind oder Jugendliche gemeinsam mit ihren Eltern verlassen hat, oder erst in der neuen Heimat geboren wurden.
Dieser Generation den Geburtsort ihrer Vorfahren wieder näher zu bringen, war einer der drei Beweggründe für die Siebenbürger Nachbarschaft Meschen eV. ein 3. Meschner Treffen in Meschen zu organisieren.
Die imposante Meschner Kirchenburg, vor über 500 Jahren erbaut, hat seither manchen Kriegswirren und Naturgewalten getrotzt. Sie war stets ein sicherer Ort für Körper und Seele der Gemeinde, und bis heute das Wahrzeichen des Dorfes. Nach 10 Jahre dauernden umfangreichen Sicherungs- und Sanierungsarbeiten, kann die Kirche seit Pfingsten wieder für den Gottesdienst genutzt werden. Begonnen hatten die überfälligen Arbeiten nach einem Besuch von Prinz Charles im November 1998, finanziert erst durch eine englische Stiftung, dann durch die Weltbank und in den letzten Jahren durch das rumänische Kultusministerium.
Die Wiedereinweihung der Meschner Kirche mit einem feierlichen Pfingstgottesdienst am 12. Juni diesen Jahres, war ein zweiter wichtiger Beweggrund für das Meschner Treffen.
Der dritte aber nicht der letzte Grund war, der bestehenden Gemeindepartnerschaft Ilsfeld-Meschen ein weiteres Kapitel hinzuzufügen. Waren an den Partnerschaftsaktionen bisher neben den verlässlichen und beherzten Freunden aus Ilsfeld, nur zwei Dutzend Meschner beteiligt, welche in und um Ilsfeld wohnen, so sollte diesmal die breite Unterstützung sichtbar werden, welche diese Partnerschaft in den Reihen der ehemaligen sächsischen Bewohner Meschens erfährt.
Da ein solches Unterfangen gut geplant werden muss, begannen die Vorbereitungen bereits im Februar 2010. Es stellte sich schnell heraus, dass mit regem Interesse zu rechnen war.
Es meldeten sich erst 100, dann über 140 Reisewillige an. Eine große Erleichterung stellen die seit 3 Jahren verfügbaren Flüge von Stuttgart, Frankfurt und München zu den Flughäfen Hermannstadt und Targu Mures dar, nur 60 km von Meschen entfernt.
Begleitet wurde die Meschner Gruppe durch Ilsfelds Bürgermeister Thomas Knödler und mehreren Mitgliedern des Ilsfelder Gemeinderats, allesamt in der Partnerschaftsverbindung überaus aktiv und erfahren.
Durch weitere kurzentschlossene Teilnehmer, umfasste die deutsche Gruppe schliesslich 160 Personen, zu der noch die 30 Mitglieder zählende evangelischen Kirchengemeinde in Meschen sowie weitere Ehrengäste aus Rumänien hinzuzuzählen waren.
Als die Organisatoren den Meschner Gastgebern am Samstag vor dem Begegnungsfest mitteilten, dass nicht wie geplant 160 bis 170 Personen sondern 200 Besucher zu verpflegen waren, konnte erneut die Flexibilität und das Improvisationstalent auf dem Balkan bewiesen werden. Da die Gastgeber Ihrerseits 60 Vertreter der rumänischen und Roma-Bevölkerung eingeladen hatten, wurden kurzerhand noch Tische, Stühle und Gedecke aufgetrieben und der Gemeindesaal in Meschen bis zur Auslegungsgrenze ausgenutzt. Für Montag wurden die vorgesehen Veranstaltungen aus Platzgründen aus der Sporthalle der Schule ebenfalls in die Gemeindehalle verlegt. Das die verschiedenen Organisatoren auf rumänischer Seite diese Umstellungen trotz anfänglichen Reibereien schließlich über Nacht perfekt auf die Reihe brachten, hat die deutschen Betreuer der Gruppe zwar erstaunt, aber doch sehr erfreut. Dieses beweist, das trotz im nächsten Jahr anstehender Lokalwahlen, die politischen Rivalitäten zum lösen gemeinsamer Aufgaben zurückgesteckt werden können. Ein positiver Schritt in einem Land in dem durch Politik – auch Lokalpolitik – sogar Familien auseinanderbrechen können.
Empfangen wurden die Besucher in Meschen mit einer warmen Holzofenhanklich. 4 Paar fleißige Frauenhände formten, belegten und backten über 70 Hanklich im Holzofen. Währendessen brachte der Hausherr, Nelu Deac unermüdlich Weinkrüge aus seinem Keller. So versorgt, begannen die ersten Begrüßungsgespräche an einem gemütlichen Samstagnachmittag.
Am Pfingstsonntag begrüßten wir, in der frisch hergerichteten Kirche, die 160 Besucher aus Deutschland, die knapp 30 evangelischen Kirchengemeindemitglieder aus Meschen und viele Ehrengäste aus Meschen, Mediasch und Hermannstadt.
Es war ein ergreifender Gottesdienst, bei welchem Pfarrer Ulf Ziegler auch ein Grußwort von Landesbischof Reinhardt Guib verlas, einem gebürtigen Meschner und bis zu seiner Wahl im letzten November auch Meschner Pfarrer. Mitgestaltet wurde der Gottesdienst von unserem Meschner Chor, unterstützt und ersatzweise geleitet von unseren Ilsfelder Freunden, Gerhard und Heike Trumpf. Bei dem Trompetensolo von Heinrich Mantsch waren viele den Tränen der Rührung nahe, da längst verloren geglaubte Erinnerungen wieder aufkamen.
Gegen das Vergessen soll auch die bei dieser Gelegenheit feierlich enthüllte Gedenktafel ankämpfen. Auf dieser im Kircheneingang aufgestellten Tafel, sind die letzten sächsischen Bewohner des Dorfes aufgeführt, nach Hausnummern der Höfe und Nachbarschaften aufgezählt, mit einem kleinen Ortsplan ergänzt. So können unsere Nachkommen auch noch in vielen Jahren bei Ihren Besuchen in der Kirche erfahren, wo die Vorfahren gewohnt und gewirkt haben.
Begleitet von dieser festlichen Stimmung, ging man anschließend in einem langen Zug zum Friedhof am Berg. Dieser über 600 Jahre alte sächsische Friedhof, hoch über dem Dorf gelegen, wird inzwischen in Verantwortung der Siebenbürger Nachbarschaft Meschen e.V. gepflegt. Er strahlt mit seinem alten Baumbestand, den Treppenaufgängen, den jahrhundertealten Grabmalen eine ganz besondere Würde aus. Hier den Vorfahren noch mal die Ehre zu erweisen, gehörte zu den wichtigen Programmpunkten unseres Besuches. Viele Gräber erstrahlten nach vielen Jahren wieder mit frischer Blumenpracht.
In der schön geschmückte Gemeindehalle empfing anschließend Bürgermeister Eugen Roba die Gäste zum offiziellen Festakt. In alter rumänischer Tradition wurde jedem Gast ein Stück Brot mit Salz als Willkommensgruß gereicht. Nach einem Tischgebet in rumänischer Sprache, seitens des orthodoxen Pfarrers Radu Parau begann die Speisenfolge, welche erst spät am Abend einen Abschluss fand.
Einen besonderen Höhepunkt stellte der Trachtenaufmarsch dar, mit über 50 Teilnehmern, in sächsischer aber auch in rumänischer Tracht. Die Tanzgruppe der Meschner Nachbarschaft konnte das Publikum mit drei Volkstänzen begeistern. Damit wurde auch die Tanzfläche eröffnet, welche bis weit nach Mitternacht nicht mehr leer bleiben sollte.
Nach nur wenigen Stunden Schlaf, gingen am Montag Morgen die Veranstaltungen weiter.
Der Sportplatz der Meschner Schule wurde zur Bühne für ein Schulabschlussfest zu Ehren der Gäste aus Deutschland. Erstklässler bis hin zu den Oberstufenkindern boten ein Programm aus Liedvorträgen, Gedichten und traditionellen Volkstänzen bis hin zu feurigen Zigeunerrythmen. Die fleißigsten Tänzer, meist Roma-Kinder, wurden anschließend von Schulleiter Ioan Sotropa mit einem kleinen Bonus im Notenspiegel belohnt. Alle Schulkinder durften sich zu guter Letzt aus einem großen Sack mit Süssigkeiten aus Ilsfeld bedienen.
Die Meschner Schule gilt als eine der besten Schulen im ländlichen Raum Siebenbürgens, Dank einer engagierten und rührigen Lehrerschaft. Seitens der Meschner Nachbarschaft wurde eine Geldspende über 1000 Euro überreicht. Diese wurde gleich zum Schulabschluss in Form von Bücherpreisen an die besten Schüler aller Schulklassen weitergegeben.
Es folgte ein Rundgang durch das Schulgebäude. Da viele Reiseteilnehmer in dem 100 Jahre alten Gebäude die Schulbank gedrückt haben, gab es viel wiederzuentdecken und nachzufragen.
Der Nachmittag wurde vom Meschner Verein Carus gestaltet. Im Gemeindesaal wurden an einem Informationsstand viele Tätigkeiten vorgestellt und Buchveröffentlichungen, Handarbeiten und weitere Produkte der Vereinsmitglieder präsentiert.
Neben dem wieder bis zum Abend reichlich angebotenem Essen und Trinken, konnten aber auch ein vom Verein betreutes Dorfmuseum besichtigt werden. Der Bio-Bauernhof des Herren Willy Schuster konnte ebenfalls besucht werden. Ganz Wagemutige konnten hier rohe, frisch gezupfte Brennesseln probieren, aber auch die zur Konfitüreherstellung genutzte Rosenplantage ansehen.
Alles in allem waren es zwei erlebnisreiche Tage, prall gefüllt mit Programmpunkten, aber mit der Gemütlichkeit eines Urlaubes und erfüllt mit der jeden Augenblick spürbaren Gastfreundschaft.
Die meisten unserer von ganz Deutschland angereisten Meschner nutzten die nächsten Tage, um Orte wieder zu entdecken oder den Kindern zu zeigen, welche seit Jahrzehnten unsere Erinnerungen schmücken. Es hat sich einiges verändert, aber die Landschaft war vertraut als hätten wir sie gestern erst verlassen.
Die ehemaligen Mitbewohner, jetzt in Deutschland lebenden Meschner, wurden so herzlich begrüßt, durch ihre ehemaligen Häuser und Gärten geführt, dass sich schnell wieder das längst vergessen geglaubte Heimatgefühl einstellte. Zu der aufkommenden Wehmut, in Erinnerung an hier erlebte Jahre, gesellte sich zunehmend die Einsicht, das Dorf in überwiegend guten Händen hinterlassen zu haben.
Das Erbe der Siebenbürger Sachsen prangt unübersehbar als Kirchenburg in der Ortsmitte.
Aber auch das von Schulleiter Sotropa liebevoll eingerichtete Museum stemmt sich gegen das Vergessen eines 850 Jahre währenden Abschnittes der Geschichte dieses Ortes.
Dieses sind gute Voraussetzungen um die Verbindung der inzwischen in der ganzen Welt lebenden Meschner lebendig zu halten. Diesen Zweck hat auch dieses Treffen zur Gänze erfüllt. Die Teilnehmer sind vielleicht etwas wehmütig und aufgewühlt zurückgekehrt, aber allesamt froh dabei gewesen zu sein.
Hugo Schneider,
Siebenbürger Nachbarschaft Meschen eV.